Kalter Krieg und thermonukleare Bedrohung

Unmittelbar nach Stalin’s Tod nutzte die westliche Welt eine Verkürzung der Novemberparade, um über die angebliche Schwäche der Sowjetunion zu schwadronieren. Ein Hinweis auf den offenen ZIS fehlte dabei in keinem Zeitungsbericht.

1953.11.08 Chicago Sunday Tribune “Moskau kürzt Machtparade”

1953.11.08 Chicago Sunday Tribune “Rußland verkürzt übliche Dauer der Kriegsparade”

1953.11.08 The Sun-Telegram “Rußland kürzt Militärparade, behauptet aber, daß seine Armeen einsatzbereit seien”

Tatsächlich jedoch hatten die Sowjets drei Monate zuvor mit der Zündung ihrer ersten Wasserstoffbombe in Kasachstan das Gleichgewicht des Schreckens wieder hergestellt. Meiner Generation wurde der schmale Grat, auf dem die Menschheit seither wandelt, noch Jahrzehnte später nicht ohne Stolz als Prinzip der gegenseitig gesicherten Vernichtung präsentiert.
Wie aus den obigen Zeitungsartikeln auch hervorgeht, empfand man in Moskau die NATO-Stützpunkte in Europa bereits 75 Jahre vor Ausbruch des Ukrainekriegs als gefährlich. Aber bitte nicht gleich überbewerten; diese Feststellung bedeutet nicht, die mit kriegerischen Mitteln betriebene, neoimperiale Politik Putins zu rechtfertigen.

Ein ZIS-110 Paradecabriolet im Zentrum einer hochideologisierten und hochgerüsteten Nation. Wer kann den Wagen auf dem Foto entdecken?

Es existieren zahlreiche Fotografien von ZIS-110 Cabriolets, die bei Militärparaden aufgenommen worden sind. Die immer gleichen Bilder bezeugen die Sowjetisierung Osteuropas und Chinas.
Heute einige Impressionen von chinesischen, tschechoslowakischen und ungarischen Militärparaden, sowie aus dem Hinterland der UdSSR.

Budapest begeht am 4. April 1964 mit einer Parade den 19. Jahrestag der Befreiung.

China wurde bevorzugt mit Produkten der Stalin-Werke beliefert und erhielt schon bald Gelegenheit, mit Hilfe des “großen Bruders” eine eigene Fahrzeugindustrie aufzubauen.

Die Aufnahme entstand am 1. August 1957, dem 30. Jahrestag der Gründung der Volksbefreiungsarmee in China. Der chinesische Verteidigungsminister demobilisierte an jenem Tag 620.000 Soldaten.
Ein kabelgebundenes Mikrofon ersetzte die noch fehlende Funkausstattung.

Bild unten: Bei weitem nicht alle von jenen, die sich im ZIS-110 Cabriolet bewundern ließen, waren Helden. Wir sollten uns aber davor hüten, deren Fahrzeuge zu ideologisieren. Diejenigen, die von kommunistischen Autos sprechen, unterliegen einer optischen Täuschung. Da Gegenstände keine Weltanschauung besitzen, kann es auch keine “imperialistischen Kugelschreiber” oder “kapitalistische Suppenlöffel” geben.

1. Mai 1961, General Issa Pliev, Kommandant des nordkaukasischen Militärbezirks I in Rostow. Natürlich darf der Chef immer im größten Auto fahren.

Man muß schon auf automobile Kronjuwelen zurückgreifen, um einem viertürigen Cabriolet vom Format des sowjetischen ZIS-110B an Länge ebenbürtig zu sein. Ein in den Wirren der Weltgeschichte gestrandeter Mercedes 770 mit Sodomka-Karosserie verrichtete damals seinen Dienst in der tschechoslowakischen Armee. Keine Sorge, unter dem Text befindet sich ein Link zu einer tschechischen Webseite, die die Odyssee des Wagens nachzeichnet.

Diese Aufnahme zeigt den späteren Marschall der Sowjetunion General Tschuikow, der vielen Deutschen noch in seiner früheren Verwendung als Oberkommandierender der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bekannt war, auf einer Parade in Kiew.

Eines ist allen Bildern gemeinsam: dort, wo ab Mitte der 1950er Jahre Marschmusik erklang und Soldaten des Ostblocks in Reih und Glied antreten mußten, war ein ZIS-110B meist nicht weit.
In einem separaten Kapitel werden Ihnen die insbesondere in Moskau und Leningrad verwendeten Paradecabriolets vorgestellt, die im Vergleich zu den oben gezeigten herkömmlichen ZIS-110B eine Reihe von Besonderheiten aufwiesen.

 

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Quellenverzeichnis

  • Abbildung 1 - 1953.11.08 Chicago Sunday Tribune

  • Abbildung 2 - 1953.11.08 Independent Record

  • Abbildung 3 - 1953.11.08 The Sun-Telegram

  • Abbildung 4 - Quelle unbekannt

  • Abbildung 5 - Fotoarchiv Fortepan

  • Abbildung 6 - china-defense-mashup.com

  • Abbildung 7 - Fotochronik Rostow

  • Abbildung 8 - valka.cz

  • Abbildung 9 - Familienalbum von Valentina Petrowna Batjuk,
    Enkeltochter von General Issa Pliev

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VON DER KUNST, DIE UNWAHRHEIT ZU SAGEN, OHNE ZU LÜGEN